Wandmalerei Elm

2009

Ein Schopf mit Elmer Gesichtern

VON CLAUDIA KOCK MARTI

«Gesichter sind Landschaften – es gilt, sie zu erforschen», sagt Manette Fusenig Loderer aus Biel. Seit vier Wochen gestaltet die Künstlerin für die Stiftung Pro Elm ein besonderes Wandbild. Im ausgebauten Schopf gegenüber der Schiefertafelfabrik Elm zeichnet sie Elmer Gesichter.

Jung und Alt vereint: Manette Fusenig Loderer malt derzeit Elmer Gesichter auf die Holzwand eines Eventschopfes in Elm.
Menschen in Elm 1998: Ihr früheres Wandbild im Museum hat die Künstlerin gerade frisch restauriert.

Im Holzschopf, der künftig für Apéros und kleinere Anlässe genutzt werden soll, brennt Licht. Manette Fusenig Loderer steht vor ihrem Werk, das fast fertiggestellt ist. 20 mit Kreide und Kohle gezeichnete Frauen, Männer und Kinder aus dem Sernftal schauen die Besucher mit grossen Augen direkt an. Über ihnen ragen Elmer Bergspitzen in den Himmel. An einem Hund arbeitet die 70-jährige, freischaffende Künstlerin und ehemalige Lehrerin für bildnerisches Gestalten noch. «Bunter dürfen die Gesichter nicht werden», kommentiert sie ihr Wandbild.

Sie strahlt mit Blick auf das Holz, das mit seinen Texturen und Astlöchern die Porträts speziell unterstützt. Dann führt sie in das Museum gegenüber. Denn in der Schiefertafelfabrik sei der Anfang der Geschichte zu finden.

Weiss auf schwarzen Tafeln

Fusenig Loderer hat bereits vor 21 Jahren Menschen in Elm gezeichnet. Auf Einladung von Peter Jenny, emeritierter Professor für Gestaltung in Ennenda, hat sie 1998 die schwarzen Wandtafeln im damals neu eröffneten, modernen Besamm lungsraum neben der früheren Schiefertafelwerkstätte gestaltet. Ihre damaligen Kreidezeichnungen sollten zwar eigentlich nach einem halben Jahr durch die Arbeit eines folgenden Künstlers ersetzt werden, erzählt Fusenig Loderer. Doch hätten die Zeichnungen vor allem Kaspar Rhyner, dem Präsidenten der Stiftung pro Elm, so gut gefallen, weshalb sie bis heute geblieben seien und auch weiterhin die Besucher erfreuen sollen.

Frisch restauriert und da und dort ergänzt und neugezeichnet erstrahlen sie jetzt wieder leuchtend weiss auf Schwarz. Auf den Tafeln sieht man neben einigen Menschen das Ortsbild von Elm mit Kirche, typischen Häusern und dem Sernf. Das farbige Werk im Schopf, das sie in den letzten Wochen gezeichnet hat, ist Fusenigs zweites Wandbild für Elm.

Bunt auf Holz und im «Facebook»

Wo die sonst in Biel lebende, ursprünglich aus Luxemburg stammende Künstlerin heute auch unterwegs ist, malt sie Gesichter. So auch in Elm.

Modelle zu finden, fällt ihr nicht schwer. Sie bittet jeweils Leute auf der Strasse, Nachbarn, Freunde oder Fremde, ihr eine Weile gegenüber zu sitzen, um ihr Gesicht malen zu können. Die mit farbigen Filzstiften rasch auf ein grosses Blatt skizzierten Porträts werden sodann «weiterverarbeitet». In Elm dienten die Skizzen als Vorlage für das Köpfe-Wandbild auf Holz.

Das eine oder andere Porträt ist unverkennbar. Regierungsrätin Marianne Lienhard figuriert zufällig darunter ebenso wie Elsbeth Rhyner mit rotem Glarnertüechli oder weniger zufällig, ganz aussen Peter Jenny, der die Szenerie zu beobachten scheint. «Peter musste sein», sagt die Künstlerin lächelnd. An der ETH Zürich hat sie vier Jahre lang für ihn als Assistentin gearbeitet. Weiterverarbeitet werden die vielen Porträts, die die Künstlerin seit Jahren sammelt auch auf andere Weise. So gibt sie gesammelte Werke, verkleinert in sogenannten «Facebooks», als Büchlein in limitierter Auflage heraus. Sie lacht. Auch Elmer werden wohl einmal in einem «Facebook» erscheinen.

2020 im Anna-Göldi-Museum

Ein weiteres Projekt, mit dem Fusenig Loderer derzeit unterwegs ist, trägt den Titel «Wir sind an Bord – from facebook to faceship». Hier zeichnet die Künstlerin ihre Porträts über Ozeane und Gebirge hinweg auf Weltlandkarten, die sodann wie Papierschiffchen zu grossen Booten gefaltet werden. Als raumfüllende Installation sieht man so verschiedenste Menschen als Weltbürger gemeinsam auf den gleichen Schiffen die Erde befahren. Im April des nächsten Jahres werde sie im Anna-Göldi-Museum mehr davon ausstellen, verrät Fusenig Loderer. Ihr bald vollendetes Wandbild im Elmer Schopf wird an einer zu kommenden Vernissage der Öffentlichkeit vorgestellt werden.